Bei einer Entsendung in einen Drittstaat – das sind Staaten, die nicht zur EU oder dem EWR (einschließlich Schweiz und Großbritannien) gehören und mit denen Deutschland kein bilaterales Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen hat – gelten besondere Regelungen.
Welche Grundsätze gelten?
In der Sozialversicherung gilt das so genannte Territorialprinzip. Das bedeutet, dass immer das Sozialversicherungsrecht des Landes anzuwenden ist, in dem die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird. Durch EU-Regelungen bzw. entsprechende Sozialversicherungsabkommen können hiervon abweichende Regelungen getroffen worden sein. Das gilt aber eben nicht für die so genannten Drittstaaten.
Das bedeutet, dass bei einer Beschäftigung in einem solchen Land, die Sozialversicherungspflicht oder -freiheit nach den dortigen Vorschriften zu beurteilen ist. Das gilt auch, wenn der Arbeitgeber – wie das bei einer Entsendung der Fall ist – seinen Sitz in einem anderen Staat, hier also in Deutschland hat.
So muss das deutsche Unternehmen in jedem Fall prüfen, ob und in welchem Umfang nach dem Recht des Beschäftigungsstaates Sozialversicherungspflicht entsteht und welche Beiträge dort entrichtet werden müssen. Geschieht das nicht, kann es zu erheblichen Beitragsnachforderungen und ggf. auch Strafzahlungen kommen. Zu empfehlen ist, sich im Vorfeld entweder bei dem entsprechenden Konsulat des Landes zu erkundigen oder einen rechtskundigen Ansprechpartner vor Ort zu beauftragen. Dieser kann dann auch die ggf. notwendigen Schritte wie Anmeldung und Überweisungen übernehmen. In vielen Staaten ist für im Ausland ansässige Arbeitgeber ohnehin ein Kontakt im Land verbindlich vorgeschrieben. (Das gilt im übrigen umgekehrt auch in Deutschland).
Bei einer Entsendung durch einen deutschen Arbeitgeber ins Ausland bleibt das Beschäftigungsverhältnis in Deutschland in der Regel bestehen. Damit auch die Sozialversicherungspflicht. Hier wird – zugunsten des Beschäftigten – vom Territorialprinzip abgewichen. Das deutsche Sozialversicherungsrecht bezeichnet das als „Ausstrahlung“. Gemeint ist, dass das deutsche Sozialversicherungsrecht auf die Beschäftigung in einem anderen Staat „ausstrahlt“. Dabei handelt es sich um eine rein deutsche Angelegenheit. Die Ausstrahlung gilt unabhängig davon, ob und in welchem Umfang im Beschäftigungsstaat (auch) Sozialversicherungs- und Beitragspflicht besteht.
Voraussetzung für die Ausstrahlung ist, dass die Entsendung von vornherein befristet ist. Das kann entweder durch einen Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bzw. durch einen Entsendevertrag (als Ergänzung zum bestehenden Arbeitsvertrag) geschehen oder die Befristung ist durch die Art der Tätigkeit im Ausland gegeben.
Ein deutsches Unternehmen entsendet einen Ingenieur nach Argentinien. Er soll dort einen Straßenbau beaufsichtigen, für den das Unternehmen den Auftrag erhalten hat. Eine konkrete Befristung wird nicht vereinbart. Trotzdem greift n diesem Fall die Ausstrahlung, da sich die Befristung durch die Art der Tätigkeit ergibt – denn irgendwann ist die Straße fertig gebaut und damit die Entsendung beendet. Das deutsche Sozialversicherungsrecht gilt also für die Dauer der Entsendung weiterhin.
Wie schon dargestellt, ist die Ausstrahlung rein deutsches Recht. Weder das deutsche Recht noch das Recht des Beschäftigungsstaates berücksichtigt, ob und in welchem Umfang vielleicht noch eine anderweitige Absicherung besteht. Folglich kommt es in solchen Fällen regelmäßig zu einer doppelten Versicherung mit doppelter Beitragszahlung. Diese Kosten sollten bei der Kalkulation für den Einsatz im Ausland von vornherein berücksichtigt werden.
In Argentinien gibt es für Beschäftigte ebenfalls eine Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherungspflicht. Das bedeutet, dass der Entsandte nach dem dortigen Recht ebenfalls versicherungspflichtig wird und der Arbeitgeber die entsprechenden Beiträge dort zu zahlen hat. Somit sind in allen diesen Versicherungszweigen vom Arbeitgeber doppelte Beiträge zu zahlen.
Nicht zu vergessen ist die Frage der Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für Argentinien – die muss unbedingt vor Einreise bzw. vor Beschäftigungsbeginn vorliegen. Und auch das Finanzamt will zu seinem Recht kommen. Es gibt zwischen Deutschland und Argentinien ein Doppelbesteuerungsabkommen, dass die Frage regelt, welchem Staat in welchen Fällen das Besteuerungsrecht zusteht.
Auch die doppelte Versicherung führt nicht unbedingt dazu, dass alle Leistungen, speziell der Krankenversicherung auch in vollem Umfang abgedeckt sind. Deshalb empfiehlt es sich in jedem Fall, eine Auslandskrankenversicherung zu prüfen.