• Veröffentlicht am 23/06/2025
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Wie sind Arbeitnehmer bei einer Entsendung in Abkommensstaaten sozial abgesichert?

Auch außerhalb der EU- und EWR-Staaten gibt es Abkommen zur grenzüberschreitenden Beschäftigung. Das sind so genannte bilaterale, also zweiseitige Sozialversicherungsabkommen. Abkommen, die das Thema Entsendung betreffen, bestehen zwischen Deutschland und Albanien, Australien, Bosnien-Herzegowina, Brasilien, Chile, China, Indien, Israel, Japan, Kanada und Provinz Quebec, Marokko, Nordmazedonien, Rep. Moldau, Montenegro, Rep. Korea (Südkorea), Philippinen, Serbien, Türkei, Tunesien, Uruguay, USA.

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Wie sind Arbeitnehmer bei einer Entsendung in Abkommensstaaten sozial abgesichert?

Welche Grundsätze gelten?

Die bilateralen Abkommen regeln, ähnlich wie die EU-Verordnungen, die Zuständigkeit für die Sozialversicherung bei grenzübergreifender Beschäftigung. Auch hier gilt der Grundsatz, dass immer nur ein Staat für die Versicherung zuständig ist und somit keine doppelte Versicherung und keine doppelte Beitragszahlung zustande kommt.

Der große Unterschied liegt darin, dass die Abkommen nicht immer alle Sozialversicherungszweige erfassen. Die Vereinbarung mit den USA umfasst nur die Rentenversicherung, das deutsch-australische Abkommen betrifft nur die Renten- und Arbeitslosenversicherung. In den nicht vom Abkommen erfassten Versicherungszweigen gilt dann das so genannte Territorialprinzip, das bedeutet, dass immer das Sozialversicherungsrecht des Landes gilt, in dem die Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird.

Das Problem: Im deutschen Recht gilt die so genannte Ausstrahlung. Danach bleibt das deutsche Sozialversicherungsrecht auch bei einer vorübergehenden Entsendung ins Ausland weiterhin anwendbar – soweit nicht ein Abkommen etwas anderes regelt. Dabei spielt es keine Rolle, ob und in welchem Umfang im Beschäftigungsstaat eine soziale Absicherung besteht oder nicht. Das bedeutet, dass bei nicht vom Abkommen erfassten Versicherungszweigen im Zweifel eine doppelte Versicherung besteht, nämlich im Beschäftigungsstaat aufgrund des Territorialprinzips nach dem dortigen Recht und in Deutschland im Rahmen der Ausstrahlung. In diesen Fällen kann es – trotz Abkommen – zu einer doppelten Versicherung und damit doppelten Beitragsbelastung kommen.

Warum ist eine Befristung der Entsendung wichtig bei bilateralen Abkommen?

Voraussetzung für die Anwendung eines bilateralen Abkommens ist immer die Befristung der Entsendung. Allerdings unterscheidet sich die Dauer der zulässigen Entsendung je nach Abkommen ganz erheblich. Von 12 Monaten (Tunesien) bis zu 60 Monaten (z.B. Japan, USA) reicht die Spanne. In einigen Abkommen ist gar kein fester Zeitraum genannt, gleichwohl ist eine Befristung erforderlich.

Es gibt noch eine Abweichung vom EU-Recht: Dort ist bei einer Überschreitung der zulässigen Dauer von 24 Monaten von Beginn an der Beschäftigungsstaat zuständig. In den Abkommen ist das – von wenigen Ausnahmen abgesehen – nicht so. Hier bleibt zunächst das deutsche Recht anwendbar, erst nach Ablauf der zulässigen Befristungsdauer wechselt dann die Zuständigkeit.

Beispiel:

Das Sozialversicherungsabkommen mit Süd-Korea bezieht sich nur auf die Renten- und Arbeitslosenversicherung. Die Dauer der Entsendung ist auf 24 Monate befristet. Wenn ein deutsches Unternehmen einen Mitarbeiter für drei Jahre, also 36 Monate nach Korea entsendet, gilt folgendes:

In der Renten- und Arbeitslosenversicherung wechselt die (alleinige) Zuständigkeit nach Ablauf der 24 Monate. In den anderen Versicherungszweigen besteht die Versicherung in Korea aufgrund des Territorialprinzips (soweit es dort z.B. eine Pflegeversicherung gibt) und gleichzeitig aufgrund der Ausstrahlung in Deutschland – beides für die gesamte Zeit der Tätigkeit in Korea.

Auch bei den bilateralen Vereinbarungen kann es in Einzelfällen dazu kommen, dass die starren Regelungen des jeweiligen Abkommens zu einem Ergebnis führen, dass nicht sinnvoll oder nicht im Sinne der Betroffenen (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) ist. Bei allen bilateralen Abkommen ist die Möglichkeit vorgesehen, eine so genannte Ausnahmevereinbarung zu beantragen. Damit kann im Einzelfall eine von der Regel abweichende Zuständigkeit vereinbart werden. Zuständig für solche Anträge ist auf deutscher Seite die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung AuslandDVKA.

Wann spielt die Staatsangehörigkeit eine Rolle?

Grundsätzlich gelten die bilateralen Abkommen für alle Beschäftigten der beiden Vertragsstaaten, unabhängig von deren Staatsangehörigkeit. Eine Ausnahme machen die Vereinbarungen mit Marokko und Tunesien. Diese gelten nur für die Staatsangehörigen der beiden Vertragsstaaten sowie für Flüchtlinge und Staatenlose.

Welche Bescheinigungen sind wichtig?

Bei den bilateralen Abkommen wird als Nachweis der Weitergeltung der deutschen Rechtsvorschriften nicht der A1-Vordruck ausgestellt. Dieser gilt nur für die EU- und EWR-Staaten. Alle Abkommen sehen aber vergleichbare Vordrucke vor, die durchaus unterschiedlich gestaltet sind und meist in mindestens zwei Sprachen (Amtssprachen) ausgefertigt werden.

Für diese Vordrucke gibt es noch keine elektronische Antragstellung. Diese war ursprünglich für 2024 vorgesehen, die Einführung wird sich aber voraussichtlich auf 2026 verschieben. Alle Antragsvordrucke für die Abkommensstaaten gibt es als Download auf der Internetseite der DVKA.